Gebet

Gespräch auf Augenhöhe

Während der Autofahrt, beim Spaziergang oder beim Warten vor der
Supermarktkasse. Monika Walbaum über die kurzen Momente im Alltag, in denen sie ins Zwiegespräch mit Gott geht

„Wann ich mit Gott im Alltag ins Gespräch komme? Zum Beispiel, wenn ich alleine im Auto sitze, das Radio ausschalte und nachdenken kann. Oder mit unseren Hunden unterwegs bin. Dann halte ich mal inne, bleibe stehen und staune über die Natur. Oder wenn ich im Supermarkt in der Schlange stehe. Während andere schon unruhig werden und nach einer zweiten Kasse rufen, versuche ich ruhig zu werden. Natürlich habe auch ich im Alltag mit Beruf und Familie Zeitdruck. Doch die Mitarbeiter im Supermarkt haben schon so einen schweren Job. Den muss ich ihnen nicht noch weiter erschweren. Außerdem: Wenn ich spät dran bin, wird eine Minute weniger an der Kasse das Problem auch nicht lösen.

Eine Beziehung muss man pflegen wie in einer Partnerschaft

Mein Gebet zwischendurch ist kein „Vaterunser“ oder ein anderes festgelegtes Gebet. Ich gehe in ein Zwiegespräch. Für mich ist Beten das Gespräch mit Gott. Ich versuche meine Beziehung zu Gott zu leben. Eine Beziehung muss man pflegen, das ist ja wie in einer Partnerschaft.
Gott ist für mich ein Gegenüber, mit dem ich ganz einfach und offen reden kann. Deshalb spreche ich ihn mit „Du“ an. Selbstverständlich habe ich Ehrfurcht vor ihm. Aber es ist für mich klar, dass ich überall mit ihm ins Gespräch kommen kann. Dabei bin ich durch das innere Gebet der Karmelitinnen und durch Teresa von Ávila geprägt. Schön ausgedrückt ist es in ihrem Gebet „Herr der Töpfe und Pfannen“. Für sie ist Gott da, wo sie gerade ist. Sie beschreibt es, als säße sie neben Jesus am See Genezareth, blickt mit ihm über den See und unterhält sich mit ihm. Ganz in diesem Sinn kann ich mit Gott auf Augenhöhe ins Gespräch kommen.
Diese Unterbrechungen lassen mich manche Dinge klarer sehen und geben mir Kraft, um meinen Alltag zu bewältigen. Beruflich begleite ich häufig trauernde Menschen. Oft geht es um Existenzängste. Ich würde mich alleine fühlen, wenn ich nicht mit Gott sprechen könnte. Letztlich kann ich diese Arbeit nur leisten, weil ich weiß, dass jemand mit mir unterwegs ist. Der mir vielleicht auch die richtigen Worte in den Mund legt. Ich glaube, dass ich das nicht aus mir selbst heraus kann, sondern dass ich dabei unterstützt werde. Deshalb sage ich dann schon mal: „Jetzt musst du helfen.“

Ein fester Ort im Haus für die tägliche kurze Unterbrechung

Zu Hause haben wir ein ganz kleines Gebetszimmer. Wir wollten einen festen Ort im Haus haben, um zur Ruhe zu kommen. Als unsere Kinder jünger waren, haben wir dort gemeinsam jeden Abend gebetet, ein Lied gesungen und den Segen erbeten. Das war unser kurzes Abendritual. Wenn ich morgens vor der Arbeit aufräume, gehe ich für zwei, drei Minuten hinein. Manchmal bleibe ich einfach nur stehen oder verneige mich vor dem Kreuz. Dann kann ich mich kurz sammeln. Aber auch für ein längeres Innehalten und zur Meditation wird dieser Raum genutzt – nicht täglich, aber immer wieder. Gäbe es diesen festen Platz im Haus nicht, würde ich das sicher nicht so machen.

Text: Monika Walbaum
Foto: Martin Walbaum

Herr der Pfannen und Töpfe

Herr der Töpfe und Pfannen, ich habe keine Zeit, eine Heilige zu sein und Dir zu Wohlgefallen in der Nacht zu wachen. //
Mache mich zu einer Heiligen, indem ich Mahlzeiten zubereite und Teller wasche. //
Nimm an meine rauen Hände, weil sie für Dich rau geworden sind. //
Auszüge eines Gebets, das Teresa von Ávila (1515–1582) zugeschrieben wird

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