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Gottes Werberin

Zahnpasta und Putzmittel reichten Eva Jung nicht mehr. „Ich hatte Lust, über den Glauben zu quatschen“, sagt die Geschäftsführerin einer Werbeagentur. Auf Internetseiten, Grußkarten oder Bierdeckeln

Eva Jung kommt rasch zur Sache. Schnörkellos und präzise wie ihr Kurzhaarschnitt, könnte man meinen. „Ich bin Werberin. Mit Haut und Haaren“, sagt sie. Bevor sie sich 2010 selbstständig machte, hatte sie bereits für namhafte Agenturen gearbeitet und nationale und internationale Kreativpreise eingeheimst. Doch statt Reklame für Zahnpasta oder Putzmittel macht Jung lieber Werbung für Gott, Glaube, Kirche und Jesus. „Ich liebe es, Menschen Sachen, die gut sind, näher zu bringen.“ Längst sind von Jung kreierte Websites wie godnews.de oder menschjesus.de angesagte Portale. Ihre Botschaften, auch auf den gedruckt erhältlichen Postkarten, den sogenannten Tiefsinnkarten oder Wertvollworten sind kurz, prägnant und vor allem auch: schön gestaltet. Sie sprechen auch Nichtchristen positiv an. Für das Bistum Essen motzte Jung jüngst die zuvor spröde Hochschulseelsorge zum flotten Campussegen auf. Eine von ihr gestaltete Neuübersetzung der Genfer Bibel war innerhalb weniger Tage ausverkauft.

Eva Jung ist „von Haus aus evangelisch“, wie sie sagt. „Mein Vater war Presbyter.“ Doch im Gespräch wird bald klar, dass für sie Konfessionen eine eher untergeordnete Rolle spielen. Als Kind besuchte sie einen katholischen Kindergarten. Der Heiligen Schrift kam sie in einem Bibelkreis der Baptisten näher. Aufgewachsen ist Jung in Landau in der Pfalz. Heute lebt die 52-Jährige in Hamburg und ist passend dazu mit großer hanseatischer Gelassenheit ausgestattet. Für ein Gespräch über den Glauben nimmt sie sich Zeit, viel Zeit sogar. Jung redet frei Schnauze. Über ihren Einstieg in die Werbung für Gott mit dem ehrenamtlich getragenen Portal godnews.de 2005 sagt sie: „Ich hatte Lust, über den Glauben zu quatschen. Und ich hatte Lust, eine Website zu machen.“

2010 gründete sie die Agentur Gobasil mit Firmensitzen in Hannover und Hamburg. Die Firma hat inzwischen 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bezieht zwischen 30 und 70 Prozent der Aufträge aus dem kirchlichen Bereich, etwa von der Deutschen Bibelgesellschaft. Dennoch fremdelt Jung offensichtlich mit einigen Gepflogenheiten der Amtskirche. In Gottesdienste geht sie nur selten. Schon in ihrer Jugend waren ihr die Predigten oder die Inhalte von Kirchengruppen oft zu politisch. „Da wurde einem nicht wirklich erzählt, um was es eigentlich geht. Spiritualität war da oft nicht präsent.“ Ein Dorn im Auge ist Jung, dass Gott in vielen kirchlichen Verlautbarungen „eher als Gesetzesmeister rüberkommt.“

Die Bibel als Gebrauchsanleitung für das Leben

Die Bibel hingegen begreift sie als Gebrauchsanleitung für das Leben. Daraus bezieht sie Antworten auf fast alle großen Fragen: „Wie gehe ich mit meinen Mitmenschen um, wie liebe ich meinen Nächsten. Wie gehe ich mit der Umwelt um. Wie gehe ich mit meinem Geld um. Wie erziehe ich meine Kinder. Wie komme ich in Beziehung zu diesem scheinbar abwesenden, oft ungreifbaren Gott. Wie teile ich mir meine Zeit ein.“ Folgerichtig hält sich Jung in ihrem Terminkalender für Gott und Spiritualität stets einen Platz frei. Jeden Morgen nimmt sie sich eine stille Zeit. Zum Bibellesen, zum Beten. Dabei schreibt sie ihre Gedanken und Gebete oft auf. Zudem ist ihr der Glaube ethischer Kompass. Aufträge, etwa Werbung für Zigaretten oder Tetra Pak zu machen, lehnte sie ab. 

Foto: godnews.de

Über ihre Arbeit und ihre Kollegen sagt Jung, „durch godnews ist ein Riesennetzwerk entstanden von Menschen, die glauben, dass sich in der christlichen Kommunikation etwas ändern muss“. Auf die Frage, was genau, ist die Kommunikationsexpertin schnell bei Jesus. So habe bereits Christus in einer Sprache zu den Menschen gesprochen, die diese auch sofort verstanden haben. Etwa, wenn er Bauern etwas vom Säen und Ernten erzählte. Genau das aber, „das Übersetzen der Spiritualität in eine zeitgemäße Sprache, das leistet die Kirche heute nicht mehr“. Mehr noch. „Früher stand die Kirche, das Christentum für eine schier unerschöpfliche kreative, künstlerische Kraft“, sagt Jung dann. Sei es in der Musik, der Architektur oder der Malerei. „Aber jetzt ist Schweigen im Walde“. Dabei habe das Christentum so viele Schätze zu bieten. Sinnsuchende Menschen müssten heute nicht nach Indien pilgern oder zu buddhistischen Meditationspraktiken ausweichen. „Das Gute liegt so nahe“, sagt Jung.

Dies deutlich zu machen, ist Jungs Mission – beruflich wie ehrenamtlich. Um zu zeigen, wie gut Werbung und Glauben zusammenpassen, bietet die Hamburgerin Workshops und Seminare über „Professionelle Glaubenskommunikation“ sowie „Kreativität und Spiritualität“ an. Bereits als Kind hatte sie ein Faible fürs Malen, Zeichnen, die Typographie, wie sie sagt. Eigentlich wollte sie deswegen erst Kunstlehrerin werden. Doch dann besann sie sich und wurde Grafikerin und Texterin in Personalunion.  Eben „Werberin mit Haut und Haar.“ Gott sei Dank, könnte man sagen.

Text: Andreas Kaiser
Foto: Michael Miklas

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Hinter godnews e.V. stehen Frauen und Männer aus den Bereichen Design, Text, Theologie, Kunst und Kultur. Sie sind davon überzeugt, dass Spiritualität und Ästhetik untrennbar zusammen gehören. Durch die Projekte des gemeinnützigen Vereins möchten sie das Gespräch über Religion und Spiritualität mit kreativen Mitteln in Gang bringen und die Verbreitung christlicher Werte und Inhalte fördern. Mehr unter www.godnews.de

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