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Hadern gehört dazu
Spuren des Göttlichen entdeckt er in Gedichten, Musik und Malerei. Heinz Rudolf Kunze, Musiker und Autor, hält an dem Gedanken fest, dass es Gott geben könnte
Er schreibt über Liebe, Glück, Freundschaft, über Flüchtlinge, die Gesellschaft und den Zeitgeist. Rund 5700 Texte hat er verfasst und 500 Lieder veröffentlicht. Im vergangenen Herbst ist er 65 Jahre alt geworden und aktuell wieder auf Tour. Heinz Rudolf Kunze gilt als intellektueller Rockpoet. 1985 katapultierte ihn „Dein ist mein ganzes Herz“ in die Charts. Seitdem füllt er von Flensburg bis an die Alpen große Hallen und tritt bei kleinen Sologigs und Lesungen auf.
Mit „Mehr als dies“ schrieb Kunze das offizielle Lied für den evangelischen Kirchentag 2005. Darin fordert er, dass man einem Kind keine Antwort schuldig bleiben solle, wenn es fragt, warum wir auf der Welt sind. Wenn es mehr wissen will, wenn es anfängt, sich zu wundern. „Einigen Leuten in der Kirche war das Lied nicht fromm genug, weil es zu weltoffen war und nicht genug Werbung für die evangelische Kirche gemacht hat“, sagt Kunze. Gott wird nicht explizit erwähnt. „Das war mir aber ganz wichtig. Ich wollte, dass jeder Mensch, der irgendwas glaubt, dieses Lied mitsingen kann“, sagt der evangelische Christ.
Sich selbst würde Kunze nicht als gläubig bezeichnen. „Der Glaube ist für mich ein Willensakt. Ich möchte, dass es Gott gibt“, sagt er. Nur sicher sei er sich halt nicht. „Ich habe mal einen genialen Satz von Karl Rahner gelesen: Glaube heißt, die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten.“ Das Hadern, ob es Gott wirklich gibt, gehört für ihn untrennbar zum Glauben. Und trotz seiner Unsicherheit hält er an dem Gedanken fest, dass es Gott geben könnte. „Ich hätte es gerne ordentlich im Weltall. Ich hätte gerne, dass es einen Plan gibt“, sagt er. Ihm gefällt der Gedanke nicht, dass die Erde und das All nichts weiter sind als ein Klumpen von Atomen und Molekülen ohne Plan und Sinn.
Manchmal entdeckt er einen Hinweis auf Gott in der Kunst. „Ich denke an das Stück ‚Cinema Show‘ von Genesis. Was Tony Banks da komponiert hat, dieses perfekte Zusammenspiel von Gitarren, Flöten und Oboen, ist zumindest ein Gottesindiz“, sagt Kunze. „Das ist einfach so gelungen, das kann doch verdammt noch mal kein Zufall sein.“ Ein Gedicht von Hölderlin, ein Lied von Beethoven, ein Bild von August Macke – in alles könne er einen Funken Göttliches interpretieren. „Und ich hoffe, dass ich recht habe.“
Text: Kerstin Ostendorf
Foto: Martin Huch