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Fotos für eine Zukunft
Der Fotograf Nico Klein-Allermann will Kindern eine Chance auf Bildung geben. Mit seinem Sozialunternehmen „Art Meets Education“ sät er Hoffnung auf ein besseres Leben.
Als Kind war Nico Klein-Allermann oft auf den Philippinen. Er besuchte dort in den Schulferien seine Großeltern. Er spielte mit den anderen Kindern im Dorf, ging bei den Nachbarfamilien ein und aus. „Es gab einen Jungen im Nachbardorf, der hieß Jonny. Der hat schon als Kind angefangen, tagein, tagaus Barbecue zu verkaufen“, sagt Klein-Allermann. „Ich kam in Deutschland in den Kindergarten, wurde eingeschult, ging aufs Gymnasium, machte mein Abitur und fing mein Studium an. Und Jonny – der stand immer nur am Grill“, sagt er. Als er mit Mitte 20 wieder einmal bei seinen Großeltern war, fotografierte er auf der Straße ein Kind in Schuluniform. „Direkt dahinter sah ich ein Kind, das auf einem Müllberg spielte.“ Für ihn eine Initialzündung: „Ich habe mich gefragt: Was ist denn hier los? Diese krassen Unterschiede wurden mir da ganz deutlich. Dieses Los, mit dem man geboren wird“, sagt Klein-Allermann. „Ich habe mir gesagt: Wenn ich mit meinem Leben etwas Sinnvolles anfangen will, dann möchte ich Kindern Bildung ermöglichen.“
In Deutschland gründete er 2016 das Sozialunternehmen „Art Meets Education“. Die Idee: Kinder, die nicht zur Schule gehen können, besuchen einen Fotoworkshop und nehmen anschließend selbst Bilder auf, die dann vom Team in Deutschland verkauft werden. „So finanzieren sich die Kids ihren Schulbesuch selbst“, sagt Klein-Allermann. Über die Website werden Postkarten, Poster in unterschiedlichen Ausfertigungen oder das handsignierte Original verkauft. Die Käufer ermöglichen so von einer Woche bis hin zu einem Jahr den Schulbesuch für ein Kind. Das Berliner Unternehmen stellt sicher, dass die Kinder insgesamt zwölf Jahre die Schule besuchen.
„So unterschiedlich die Menschen, so facettenreich sind die Fotos“
Die Fotomotive der Kinder sind völlig unterschiedlich. „Wir lassen sie völlig frei fotografieren. In ihrer kreativen Phase sollten sie ungestört sein“, sagt Klein-Allermann. Es können Gruppenfotos der Familie oder von Freunden sein, das Lieblingshaustier, Äste eines Baumes, das Wirrwarr von Stromleitungen oder ein Feuer. „So unterschiedlich die Menschen, so facettenreich sind die Fotos“, sagt er.

Besonders berührt hat ihn die Geschichte von Jeymee Sison. „Sie wollte unbedingt wieder zur Schule gehen und hat sich für unser Projekt beworben“, sagt Klein-Allermann. Dabei fiel sie völlig aus dem festgelegten Raster: Mit elf Jahren war sie eigentlich zu alt, sie hatte schon längere Zeit auf der Straße gelebt und gearbeitet und außerdem war bereits ihr Bruder am Projekt beteiligt. „Aber sie ließ nicht locker. Sie wollte es unbedingt und versicherte uns, nicht die Schule zu schwänzen“, sagt Klein-Allermann. „Heute ist sie diejenige mit den geringsten Fehlzeiten, eine der besten Schülerinnen, und sie hat einen unserer Bestseller fotografiert. Ihr Bild von einer Hand, die ein Herz formt, hat den Schulbesuch von vielen anderen mitfinanziert.“ Über Spenden und die Einnahmen aus den Verkäufen hat „Art Meets Education“ mittlerweile 67 Kindern den Schulbesuch finanziert. Jährlich kommen rund 20 Kinder hinzu. Doch das ist nicht genug: „Wir wollen uns größer aufstellen und auch in anderen Ländern Familien und Kinder unterstützen“, sagt Klein-Allermann. Dabei zählt er ganz auf die Community in Deutschland: „Je mehr Bilder wir verkaufen, desto mehr Workshops können wir starten und umso mehr Kindern können wir eine Zukunft geben.“
Text: Kerstin Ostendorf
Fotos: „Art meets Education“